Karies: Verständnis, Prävention und Behandlung
Was ist Karies?
Karies ist eine lokale, bakteriell bedingte Erkrankung, die mit einem fortschreitenden Verfall der Zahnhartsubstanz einhergeht und schließlich zu einem Loch (Kavität) im Zahn führt. Auf Deutsch heißt Karies Zahnfäule, was sehr gut die Tatsache der sich erweichenden und wegbrechenden Zahnhartsubstanz zum Ausdruck bringt.
Wodurch entsteht Karies?
Karies entsteht durch Säure. Der Zahn besteht hauptsächlich aus Kalk und Säuren lösen Kalk auf, wie jeder weiß, der schon mal einen Wasserkocher mit Essig entkalkt hat. Aber woher kommt diese Säure? Sie ist ein Produkt von Mikroorganismen. In unserer Mundhöhle leben Hunderte verschiedener Bakterien. Sie haben dort ihren Lebensraum und vielfältige Aufgaben, weshalb die meisten für uns auch nützlich sind. Wie alle Lebewesen nehmen sie Nahrung auf und scheiden Endprodukte aus. Manche von ihnen nehmen Kohlenhydrate (z.B. Zucker) auf und verarbeiten sie zu Säure. Der pH-Wert sinkt und es kommt zur Entkalkung der Zähne. Erst ca. 60 Minuten nach dem Essen hat sich mit Hilfe unseres Speichels der pH-Wert in der Mundhöhle wieder normalisiert. Bei der Entstehung von Karies gibt es ein Zusammenspiel von vier Faktoren. Fehlt nur einer dieser Faktoren, so kann keine Karies entstehen. Als Erstes brauchen wir den Wirt, das ist der Zahn in der Mundhöhle, als Zweites brauchen wir den Zahnbelag mit seinen vielen Mikroorganismen, als Drittes ein geeignetes Substrat z.B. Zucker und als Viertes Zeit, das heißt eine lange Verfügbarkeit des Substrats zur Ernährung der Bakterien. Das bedeutet: „Viele Bakterien und häufige Aufnahme von Substrat (Zucker) –> viel Säure und lang anhaltend niedriger pH-Wert“ und damit auch ein großes Risiko, Karies zu bekommen.
Man kann sich den Prozess der Kariesentstehung als „Wippe“ vorstellen. Überwiegt die „Angriffsseite“ mit hohen Bakterienzahlen und viel Substrat (seltenes/ineffektives Zähneputzen, viele Zwischenmahlzeiten), kommt es zu einer baldigen Schädigung des Zahnes. Überwiegt dagegen die „Abwehrseite“ (effektives Zähneputzen, gesunde Ernährung, Fluoride) in dem „Wippen-Modell“, so wird derZahn nicht geschädigt .
Wo finden sich die Karies-Bakterien?
Die Mikroorganismen, die für Karies verantwortlich sind, besiedeln vor allem den Zahn. Dabei heften sie sich an die Zähne und bilden den Zahnbelag, den sogenannten Biofilm. Zusammen mit Speise- und Zellresten formen sie eine klebrige Schicht, in der sie sich über die Zeit stark vermehren und auf die Zahnoberfläche negativ einwirken. Wird der Zahnbelag nicht regelmäßig gründlich entfernt, sind Schäden an den Zähnen die Folge.
Ist Karies vererblich?
Oft hört man Meinungen wie „Ich habe die schlechten Zähne von meinen Eltern geerbt“. Sicherlich werden einige Eigenschaften des Gebisses durch die Eltern an die Kinder weitergegeben z.B. Zahnstellung – verschachtelt stehende Zähne sind schwerer zu reinigen – ,Speichelflussrate oder Pufferkapazität des Speichels, doch es sind vor allem das Gesundheitsbewusstsein und die Zahnputztechnik, welche von den Eltern auf die Kinder übergehen.
Hatten unsere Vorfahren auch Karies?
Die Menschen in alter Zeit hatten auch massive Zahnprobleme. Karies fand sich aber selten, denn man ernährte sich früher völlig anders als heute. Kauintensive und an Kohlenhydraten (Zucker) arme Kost war damals die Regel. Das Hauptproblem war über Jahrhunderte der feine Schleifstaub der Mühlräder, der sich in Getreideprodukten fand und schweren Abrieb an den Zähnen verursachte. Die Karies trat erst im 19.Jahrhundert ihren Siegeszug an, als mit der Gewinnung von Zucker aus der Zuckerrübe dieser in Europa allgemein verfügbar wurde. In fast allen Nahrungsmitteln finden wir heute Zucker. Erst die Einführung von Fluoriden in der Zahncreme und eine schon in der Schule vermittelte bessere häusliche Mundhygiene brachten seit den 60er Jahren den Durchbruch bei der Eindämmung der Karies. Seitdem nimmt sie in den industriealisierten Ländern wieder stark ab.